Meta-Diskussion

Das Hauptproblem der wikipedia scheint zu sein (und das betrifft die Artikel UND die Diskussionen gleichermaßen), daß sie es als internationales und damit multikuturelles Projekt nicht schafft (und es sieht ganz danach aus, daß sie das auch garnicht will, denn der Fehler bestand schon, als sie noch nichtmal im Netz war, ich erinnere mich da einiger Diskussionen im Vorfeld), dem diesem Projekrt ja schon rein technologisch innewohnenden Multikulturalismus (der ohne Toleranz Andersdenkenden gegenüber und ohne echte Demokratie schlichtweg nicht denkbar, geschweigedenn auf Dauer realisierbar ist) sachlich, organisatorisch und strukturell gerecht zu werden. Dies führt dazu, daß wikipedia nicht nur methodisch fragwürdig geblieben ist (und damit als Enzyklopädie - selbst für laienhafte Zwecke - in vielen Bereichen nicht wirklich verläßlich nutzbar (sic.) ), sondern daß sogar regelmäßig und massenhaft Menschenrechte verletzt werden (Recht auf freie Rede in Wort UND SCHRIFT, Gleichbehandlungsgrundsatz, Diskriminierungsverbot, Zensurverbot u.v.a.m.) - ein Zustand, der von Anfang an geeignet war und ist, wikipeida in Verruf zu bringen und als bloße Mainstream-Propaganda-Plattform dastehen zu lassen. Es ist unter Enzyklopädie-Fachleuten allgemein bekannt, daß jede Zeit, Epoche, Firma, die eine, oder mehrere Enzyklopädien hervorbrachte, natürlicherweise vom jeweiligen Zeitgeist, der jeweiligen „Unternehmensphilosophie“(Absicht, auch der politischen!) geprägt war. Eine aber im Internet angesiedelte Enzyklopädie wie die wikipedia-Idee bot erstmalig in der Geschichte die Chance, mit diesen ideologischen Scheuklappen Schluß zu machen, indem ganz bewußt die verschiedensten Blickwinkel auf den jeweiligen Betrachtungsgegenstand des einzelnen Artikels nebeneinandergestellt und bestenfalls per Kommentar etwas gewichtet werden. Stattdessen aber hat sich im Laufe der Jahre (und das ist statistisch gut nachvollziehbar) ein Zensur- und Löschunwesen (und dies selbst in den Diskussionen(!), wo es nun überhaupt nicht stattfinden sollte!) eingeschlichen, das wikipedia infolge der Nähe dieser Praktiken zu finstersten Zeiten der Menschheitsgeschichte in absehbarer Zeit nicht nur international in Verruf bringen wird, sondern deren Daseinszweck bereits mittelfristig untergräbt. Hinter dem nur vordergründig methodischen Problem scheint ein sehr viel tieferliegendes geistig-philosophisches die Ursache zu sein, die sich aus der bisherigen Geistesgeschichte herleitet: Der Westen ist seit Descartes in den Kategorien der „strengen Logik“ von „richtig“ und „falsch“ nicht nur zu denken, sondern auch zu entscheiden und zu urteilen „gewohnt“. Dies wird enzykopädisch überall dort ausreichend sein, wo der Gegenstand der Betrachtung eine eher mäßige Komplexität aufweist, wird aber regelmäßig scheitern (und meine Statistiken bestätigen dies auf das fürchterlichste), wo Betrachtungsgegenstände hochkomplex, oder gar kontrovers von verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden können - insbesondere dort, wo z.B. historische, oder wissenschaftliche Erkenntnisprozesse noch nicht als „endgültig abgeschlossen“ gelten können, oder auf unterschliedlichen Kontinenten, in unterschliedlichen Rechtssystemen und Kulturen sehr unterschiedliche (und schon deshalb enzyklopädisch hochinteressante Schlüsse gezogen werden, deren Löschung (wie heute noch üblich) der wikipedia nicht nur immense inhaltliche schäden („unvollständiges bild“) zufügt (womöglichin „bester absicht“ ;-) ), sodern ihren daseinszweck von Grund auf pervertiert.

In diesen Diskussionsbereichen fliegen dann die Fetzen und die Versuchgung ist groß, mittels Löschung, ja sogar Sperrung einzelner Teilnehmer, mit Diffamation als „Trolle“ und dergleichen mehr, das Sachthema vermeintlich in der Spur zu halten (und so wurde es ja auch über Jahrhunderte in Enzyklopädieverlagen gehalten: Artikel, die nicht dem Mainstream entsprachen, erschienen entweder bis zur Unkenntlichkeit gekürzt, oder auch garnicht, die Schreiber solcher Artikel wurden jen nach gerade aktuellem Zeitgeschmak ausgegrenzt (einpaar Jahre später wieder eingestellt, als sich das politische blatt gewendet hatte ;-) ) und bekamen keine Aufträge mehr - wenn ihnen nicht noch Schlimmeres blühte) - der springende Punkt bei wikipedia aber ist ja gerade der, daß die neue Technologie (Internet) es erstmalig erlauben würde, auch „heikle“ Themen „multiaspektal“ und mehrdimensional zu beleuchten, was in einer Papierversion schon an Platzmangel und sich mti wachsender Ausführlichkeit reduzierender Übersichtlichkeit scheitern würde. Es ist schon interessant zu beobachten, wie ein und dasselbe Thema in unterschiedlichen Sprachen z.T. sehr unterschiedlich, ja teilweise sogar gegensätzlich abgehandelt wird - dies fällt im Moment leider nur denjenigen auf, die mehrere Sprachen beherrschen und sich die Mühe der Übersetzung und des anschließenden Vergleiches der Darstellung machen - die Stärken der wikipedia-Idee und der dahinterstehenden Technologie aber wären gerade die Fähigkeit, eine Gegenstand aus möglichst vielen Blickwinkeln zu beleuchten und (scheinbare, oder tatsächliche) Widersprüche - die Realität ist nicht widerspruchsfrei - bewußt (und natürlich gut sortiert!) nebeneinander stehen zu lassen, um dem Leser ein möglichst umfassendes Bild vom betrachteten Gegenstand (auch eventueller Schwierigkeiten der Bewertung, Einordnung, Gewichtung usw.) zu vermitteln. Es gibt fast keine gegenstand in einer enzyklopädie, der nicht eine Darstellung aus verschiedenen Blickwinkeln zuließe! Stattdessen wird aber ohne Not in vielen Fällen eine wahre Zensur- und Löschorgie veranstaltet, die der wikipedia nicht nur politisch und rechtlich einen denkbar schlechten Ruf längst beschert hat (und es ist nur eine Frage einer kurzen Zeit, wo es auch nichts mehr nützen wird, daß sich die Hauptverantwortlichen bezüglich Fragen der Gleichbehandlung und der Freiheit des Wortes in einem Schleier juristischen Nebels vor Fragen ihrer Verantwortlichkeit drücken können, wie es derzeit (noch!) üblich ist - auch das Recht entwickelt sich weiter, weltweit und mit zunehmender Geschwindigleit, insofern wäre es besser, rechtzeitig und sachlich angemessen zu reagieren, statt auf juristische Spitzfindigkeiten (die meist mit verheerenden PR-Effekten vergesellschaftet und von eher kurzer Dauer sind) zu setzen.

Meine Vorschläge deshalb: 1. wikipedia braucht eine weltweite meta-Diskussion bezüglich der zugrundeliegenden Zielstellungen, der zugrundeliegenden Methodik (die derzeitige und seit Gründung betriebene ist nicht nur altbacken, sondern rechtlich mehr als bedenklich und politisch überaus gefährlich, denn viele Löschungen werden zu Recht als Diskriminierung, z.T. sogar schon als informatorische Kriegführung wahrgenommen und es kann nicht die Aufgabe einer Enzyklopädie sein, weltweit böses Blut zu erzeugen, das wird früher, oder später uns sehr absehbar „nach hinten losgehen“) , der aufgrund des neuen Mediums ja zunächst erst einmal bewußt zu entwickelnden rechtlichen Standarts (die derzeit, wenn überhaupt existierend, weltweit und in jeder Beziehung extrem unbefriedigend sind - hier wird man nicht auf bestehendes Recht zurückgreifen können, sondern wird sich vorerst auf das Terrain der ethischen Selbstverpflichtung vorwagen müssen - vielleicht sogar mit einigen positiven Impulsen für die Weiterentwicklung des Rechtes generell und weltweit) und: deren allgemeiner

2. enzyklopädiemethodischer WEITER-Entwicklung. Der heutige Stand ist: „Unauflösbar“ Kontroverse Diskussion, Löschung eines „störenden“ Aspektes, Sperrung der Andersdenkenden (in absehbarer Zeit dann sogar Gerichtsverfahren und -Prozesse, etc.) DAS sollte nicht der Weg in die Zukunft sein!

Die wiki-Technologie gibt uns die Möglichkeit, auch kontroverse Ansichten, Bewertungen, Fakten, Begriffe, Begriffssysteme (und deren (mitunter widersprüchliche und keineswegs immer logische historische Entwicklung!) und deren Beziehungen zueinander nebeneinander darzustellen, ohne dafür die enzyklopädiemethodische Geschlossenheit des Artikels im Frage stellen zu müssen. Das war bisher - auf Papier - schlichtweg nicht möglich und die von manchen Enzyklopädien verwendeten Fußnoten (die manchmal auch länger waren/sind, als der eigentliche Artikel ;-) )waren nur ein sehr dürftiges Überbrückungsmittel. Die in einer elektronischen Enzyklopädie wie wikipedia verfügbare Technik der Hyperlinks aber schreit geradezu danach, für die mehrdimensionale Darstellung eines Gegenstandes (dort wo das nötig ist, oder wo unüberwindbare Gegensätze der Autoren vorhanden sind) eingesetzt zu werden. So kann die uralte enzyklopädiemethodische Fragestellung: „Entweder - oder“ („Wie machen wir den Artikel denn nun? So, oder eben anders?“) abgelöst werden durch ein erst mittels Elektronik machbares: „Sowohl als auch.“ Ich möchte nicht versäumen, darauf hinzuweisen, daß ein methodisches Umdenken hier in den zu diskutierenden enzyklopädiemethodischen Fragen mit Sicherheit - schon aufgrund der immensen, beinahe weltweiten Verbreitung von wikipedia-Inhalten - unweigerlich auch ein Umdenken in der gesamten Weltbevölkerung nachsichziehen wird, weg vom kontroversen „entweder-oder“/„richtig - falsch“ hin zu „sowohl-als-auch“ und „einerseits - andererseits“ - diese historische Chance hat Wikipedia bisher nicht wahrgenommen und ist mittels ihrer mitunter extrem fruchtlosen ideologischen Streitereien in den Diskussionen und ihren Löschexzessen und diskriminierenden Sperrungen (die das wikipedia-Prinzip von Grund auf in Frage stellen und damit methodisch sogar der Lächerlichkeit preisgeben - drauf und dran, diese - zumindest für sich selbst - die Entwicklung woanders geht ja weiter - zu verspielen.

3. Wir leben heute in einer Zeit, in der der ganze Planet ächzt unter Begriffen wie „Informationshoheit“, „Ausgrenzung“, „Geschichtsklitterung“, „Lügenmedien“, „Framing“, „verdeckte Kriegführung“, „Gehirnwäsche“, „PR-Strategien“, „Desinformation“ usw. - kein leichtes Terrain für eine Enzyklopädie, die sich von Vereinnahmung und Mißbrauch freihalten will und die auch noch mittels einer völlig neuen, noch extrem jungen (elektronischen) Technologie realisiert wird und damit auch unweigerlich auch methodisch neue Wege erkunden und beschreiten wird müssen. Da liegt es nahe, daß „Interessengruppen“ der unterschiedlichsten Coleur einflußzunehmen versuchen - und warum auch nicht - JEDE Äußerung ist letztlich eine Einflußnahme. Es muß nur dabei fair und transparent zugehen! Die Macher der wikipedia sollten sich darüber im Klaren sein, daß sie mit ihrer Idee Neuland betreten haben, das sie wieder verlieren werden, wenn es nicht gelingt, diese Idee, deren Technologie und deren organisatorische, und strukturelle und funktionelle Paradigmen auf der Höhe der Zeit (d.h. absolut transparent und nachvollziehbar) zu halten und vor der Vereinnahmung durch alte, seit langem als überholt wahrgenommene Denkmuster, Ideologien und Methoden zu bewahren. In diesem letzteren Falle würde sie zurückfallen auf das Niveau aller bisherigen Enzyklopädien und damit im Meer der Bedeutungslosigkeit und Überflüssigkeit untergehen - trotz ihrer großen Verbreitung. Die methodischen und inhaltlichen Warnungen vieler Professoren an ihre Studenten vor wikipedia an vielen Hochschulen und Universitäten sollte wikipedia sehr ernst nehmen, wenn sie als ernstzunehmende Enzyklopädie „überleben“, ja sich gar weiterentwickeln will. Im Moment überwiegen Kritik und fundierte Skepsis - und dies ist bedauerlich - und: vermeidbar.

In diesem Zusammenhange stellt sich zunächst einerseits die Frage nach einer grundlegenden Verbesserung der juristischen Transparenz und Handhabbarkeit der gesamten Unternehmung „wikipedia“ weltweit- und damit aber auch gleichzeitig andererseits die Frage des Schutzes vor einseitiger ideologischer/religiöser, politischer, wirtschaftlicher usw. Vereinnahmung, Ausdünnung und Verarmung, ja der Verhinderung von Zensur und Diskriminierung von Autoren. Der Vorwurf des „Mißbrauchs“ ist dabei methodisch wenig hilfreich, weil er ja stets in beide Richtungen gebraucht werden kann - er zieht unweigerlich den der „Willkür“ nach sich - und schon hat man aus einem lösbaren, ein unlösbares Problem gebastelt. Dies alles zu bedenken, ZU ERFORSCHEN(!!), auszuprobieren, möglichst breit zu diskutieren (und eben durchaus NICHT nur mit den Autoren, sondern auch mit dem Heer der Nutzer, für die wikipedia letztlich gemacht wird, ist natürlich keine leichte Aufgabe und wird nicht mit einem „hau ruck“ zu lösen sein - insofern ist aus meiner Sicht eine Meta-Dauerdiskussion unvermeidbar und unverzichtbar. Mein Vorschlag dazu: Jede Diskussionsseite sollte einen Link zu dieser - besser am anderen Ort zu führenden - Meta-Diskussion enthalten (und diese Meta-Diskussion sollte nach dem Zwiebelschalenprinzip auf unterschiedlichen Abstraktionsebenen geführt werden - einmal direkt artikelbezogen, am andern Ort auswertend, am wieder anderen grundsätzlich-strategisch - dann wieder zurückführend zum ursprünglichen Artikel!) - ich verspreche mir davon eine Beruhigung und Versachlichung der direkt den Artikeln anhängenden SACH-Diskussion „vor Ort“, bei gleichzeitiger qualitativer Verbesserung der Meta-Diskussion - deren Ergebnisse dann auch anderen Artikeln zugute kommen können, wo dazu Bedarf besteht. Bisher war die methodisch unzweckmäßige Vermischung von Sach- und Meta-Diskussion nach meiner Beobachtung (und statistischen Auswertung) nicht selten Anlaß und Brennstoff für (vermeidbare) Eskalationen - nicht selten sogar ziemlich absurde. (Auch die wikipedia-Regeln bedürfen diesbezüglich dringend einer „Durchforstung“ nach den Regeln der Logik und der Sinnhaftigkeit und Konfliktvermeidung! Wenn jemand gelöscht wird, weil er ein neues Axiom formuliert, für das es logicherweise noch keine „gesicherte“ Meinung geben KANN, oder wenn Inhalte gelöscht werden, weil sie irgendwem unangenehm sind - obgleich von jedermann nachprüfbar wahr - dann ist das - wenn auch menschlich vielleicht verständlich - methodischer Unsinn und führt zu Recht zu Frust, Ablehung und Gegnerschaft.) Natürlich erwarte niemand Wunder von einer differenzierteren Diskussionsmethodik und -Kultur - das Demokratieprinzip steckt (ja auch außerhalb von wikipedia ) noch fürchterlich in den Kinderschuhen und trägt aufgrund seiner teilweise naiven, infantilen Ansätze und Grundannahmen immer noch mitunter deshalb ziemlich faule Früchte und: „wo gehobelt wird, fallen Späne“(wir sind ja auch nicht aus Zucker ;-) ) - deshalb wird man aber nicht gleich den ganzen Baum ausreißen. Freilich besteht die Gefahr, daß dieser geniale Baum aber verdorrt, sollte es nicht gelingen die methodischen Mängel der wikipedia Schritt für Schritt zu beheben, oder wenn sich gar herausstellen sollte, daß diese Mängel von den Gründern so gewollt waren und sind.

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